Heute ist Veronika genau 100 Tage von uns gegangen. Hier steht erstmalig eine dreistellige Zahl. Wenn hier eine vierstellige Zahl stehen wird, wird der Ostersonntag im Jahr 2026 sein. Ich wusste nicht, wie dieser Tag für mich sein sollte. Ich hatte keinesfalls geplant, dass wir genau heute diesen Ort besuchen würden, es hat sich viel mehr aus unserer Reiseplanung zufällig ergeben. Monte Isola ist eine Insel im Iseosee, die so groß ist, dass auf ihr mehrere kleine Dörfer liegen, zudem ist sie das ganze Jahr bewohnt.
Ich hatte mich auf unserem Urlaub 2017 in diese Ecke Norditaliens verliebt und wollte gerne nochmal hierher. Diesen Wunsch habe ich mir jetzt erfüllt. Mit Veronika hätte ich diese Reise so nicht unternommen: Sie hätte viel lieber etwas Neues, bisher Unbekanntes sehen wollen. Die Frage ist paradox: Darf ich etwas genießen, was ich (höchstwahrscheinlich) nur machen kann, weil Veronika nicht mehr am Leben ist? Ich kann und will mir diese Frage nicht beantworten, muss es aber auch nicht unbedingt.
Am Nachmittag setzen wir mit der Fähre von Monte Isola über in die Kleinstadt Iseo, von der der See seinen Namen hat. Hier hatten wir im Juli 2017 unsere Unterkunft. Auf der Piazza Garibaldi, dem Hauptplatz erinnere ich mich an eine liebgewordene "Tradition" aus unseren gemeinsamen Urlauben: Hier nahmen wir damals unsere Sundowner, also einen Drink in den Stunden kurz vor dem Abendessen. Es sind diese ganz kleinen, scheinbaren Nebensachen, sie den Verlust eines Lieblingsmenschen so schwer erträglich machen.
Etwas Anderes finde ich noch erzählenswert: 100 Tage nach mir bekam heute auch Sonja einen neuen Look obenrum verpasst: Gestern Abend waren ihre Haare so sehr verfilzt gewesen, dass sie nur noch unter großen Schmerzen kämmbar waren. Veronika hatte viel mehr als ich darauf geachtet, dass Sonja ihre langen und sehr feinen Haare regelmäßig und gründlich bürstete. Sonjas Mama war vielfach geduldiger als Papa: So bat mich schließlich Sonja - aus heiterem Himmel - ihre Mähne abzuchneiden. In Ermangelung professionellen Friseurequipments griff ich spätabends zur Nagelschere (!) und Sonja bekam einen provisorischen schulterlangen Haarschnitt. Heute haben wir das Werk dann professionell in einem Damensalon in Iseo vollenden lassen.
Nachdem sich das Wetter tagsüber gehalten hatte, zeigte sich der Herbst dann am Spätnachmittag von seiner ungemütlichen Seite: Die Luft schien zu weinen und die ganze Szenerie hatte so gar nichts mehr mit dem heiteren Sommerfeeling zu tun, welches wir hier vor sechs Jahren noch genossen hatten. Irgendwie passte die Stimmung dann auch zum Anlass unseres Besuchs hier. Ich bin froh, heute hier gewesen zu sein.
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Monte Isola - Dorfidylle |
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Monte Isola - Ortschaft Peschiera Maraglio
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Blick aus unserem Fenster in Sale Marasino - im Hintergrund Monte Isola |
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Isa auf Monte Isola - bereit zum Aufstieg |
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Sonja bekommt einen neuen Look |
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Iseo, Piazza Garibaldi: Hier haben wir vor sechs Jahren unsere "Sundowner" genommen.
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