Tag 84: Zeitrechnung
Jemand hat mir bei Facebook geschrieben, die Worte in diesem Tagebuch seien meine Tränen. Ich danke für dieses schöne Feedback und, ja, das trifft zu! Je nachdenklicher ich bin, je mehr ich gerade den "Blues" habe, desto eher zieht es mich an die Tastatur, desto eher entsteht hier in diesem Blog etwas Neues:
Apropos Blues: Bis gerade eben hatte ich Besuch von einem alten Freund (er ist großer Blues-Fan und nebenberuflich ebensolcher Musiker) aus München. Es war ein schönes Wochenende. Als Gastgeschenk brachte er mir einem Kasten Bier aus der Heimat. Ich habe mich gefreut, dass er seinen Humor nicht verloren hat. Mit alten Freunden redet man für gewöhnlich über alte Zeiten, gerade dann, wenn man sich zwischendurch aus den Augen verloren hat.
Wir hatten uns 1993 kennen gelernt, die meiste Zeit zusammen hatten wir 1996 verbracht: Wir absolvierten damals beide Zivildienst bei unterschiedlichen Einrichtungen in München. Das Abitur lag hinter uns, der Ernst des Lebens vor uns, und so genossen wir diese Übergangsphase: Wir zogen - je nach Wetter - durch die Münchner Kneipen oder Biergärten, es waren immer gute Gespräche und oft wurde es spät. Wir spielten - er Violine, ich Viola - im gleichen Jugendorchester und nebenbei auch noch in einem selbst gegründeten Streichquartett. Der Höhepunkt unserer gemeinsamen Eskapaden war eine etwas unvorbereitete Reise nach Süditalien im Juni 1996: Neapel, Procida, Salina (Äolische Inseln).
Ich habe mein Leben im Rückblick immer eingeteilt in die Zeit vor Veronika und mit Veronika. Die Zeitenwende war - wenn man so will am 25.12.1996, als Veronika und ich uns das erste Mal bewusst begegneten - wir waren wohl einmal davor auf der gleichen Party gewesen, aber beide anderweitig beschäftigt. In meiner Zeitrechnung war eine Periode "danach" nie vorgesehen gewesen. Mir ist aufgefallen, dass es nur wenige Menschen außerhalb der Familie gibt, die ich länger kannte als meine Frau. Ich konnte mich in den Gesprächen mit meinem Freund auch erinnern, wie es mir ging, wie es sich anfühlte, sie (noch) nicht an meiner Seite zu haben. Und ich habe mich auch erinnert, wie unerwartet sie damals mein Leben verändert hatte: Die Weihnachtsferien 1996/1997 hatten noch begonnen, ohne dass ich von ihr wusste, am Ende eben dieser Weihnachtsferien waren wir schon (fast) ein Paar. So schnell kann sich das Leben ändern, zum Positiven, leider auch zum Negativen.
Dieser Freund, der jetzt gerade wieder auf dem Weg in seine bayerische Heimat ist, war es auch, der mich zum ersten Urlaub mit Veronika inspiriert hatte: Im September 1997 machte ich mit ihr die gleiche Tour nochmal - es war unser erster gemeinsamer Urlaub. Und der, so habe ich immer wieder gelesen, ist ja sowas wie der erste Meilenstein in einer "Beziehung".
Das Foto zu diesem Beitrag ist übrigens genau hier entstanden, es ist allerdings nicht von uns.
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